Von Marco Mader
Julian Nagelsmann traut sich was. Dem sichtlich angefressenen Trainer von Bayern München genügten nach der peinlichen Pleite von Mainz ein paar wenige Sätze, um über Jahrzehnte verfestigte Grundüberzeugungen beim deutschen Rekordmeister ins Wanken zu bringen. Und die spannende Frage aufzuwerfen: Wer san mia?
Wer können, wer wollen die Bayern sein? Folgt man Nagelsmann, lautet die erste Antwort: Nicht mehr der Verein, der sie seit den 1970er-Jahren waren. Jedes Erfolgsmodell, ob im Fußball oder in der freien Wirtschaft, bedürfe irgendwann einer grundlegenden Erneuerung, argumentierte er nicht zum ersten Mal.
Aber wie kann die Münchner Renaissance aussehen? In der Klubführung haben sich die Bayern neu aufgestellt. Es war richtig, dass die langjährigen Bosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge dafür den Weg freigemacht haben. Doch ihre Nachfolger Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer suchen noch ihren Weg und eine neue Erfolgsstrategie für eine veränderte (Fußball-)Welt.
Sie müssen bitter erfahren, dass die alte nicht mehr funktioniert. Hoeneß hätte früher in einer Situation wie der aktuellen einfach den besten Stürmer der Liga, in diesem Fall Dortmunds Erling Haaland, gekauft. Doch der Norweger - und nicht nur er - ist für die Bayern zu teuer.
Die dringend benötigte Blutauffrischung für eine Mannschaft, in der einiges im Argen zu liegen scheint, ist so leicht nicht zu haben. Zumindest nicht auf absolutem Top-Niveau, das den Münchner Anspruch, weiter dauerhaft zu den Top-Teams in Europa zu gehören, garantieren könnte.
Wer also san mia? Ein Scheinriese, der national weiter dominiert, international aber deutlich hinter all den Liverpools, Citys und Reals klar zurückstecken muss?
Nagelsmann will das mit aller Macht verhindern. Ob es ihm und seinen Bayern gelingen kann, sich neu zu erfinden und auch künftig im Konzert der Scheich- und Investorenklubs mitzuspielen, wird spannend sein zu sehen. Einfach wird es sicher nicht.
Marco Mader ist Redakteur beim Sport-Informationsdienst (SID)